Ernst Busch – Schauspieler und Sänger

Salud, Ernst Busch!

22. Januar 1900 – 8. Juni 1980

Ernst Busch hat viele Millionen von Freunden und Bewunderern, Millionen deutscher, sowjetischer, englischer, holländischer, belgischer und österreichischer Arbeiter. Ich kann sie gar nicht alle aufzählen.

Busch ist ein so reiner und sauberer Künstler. Er hat nie in der Kunst gemogelt. Er hat nie falsche Töne. Er ist echt, kräftig und von einer ungeheueren künstlerischen Intelligenz.

Aber das geschieht bei ihm nicht nur mit dem Instinkt. Es ist genau überlegt. Bei ihm wird Phantasie – das, was wir vom Herzen kommend nennen – immer kontrolliert von einem wachen Kunstverstand. Und deswegen sind die so impulsiv wirkenden Stücke von Busch, ob es das Theater ist oder die Musik, auch genau überlegt. Er ist ein Mann, der mich einfach begeistert und inspiriert. Denn diese Art zu singen, ist für den Komponisten wirklich eine Anregung.

Hanns Eisler am 22.1.1958 im DDR-Rundfunk

 

Was DAS bedeutet wird exemplarisch deutlich an der Episode aus Buschs‘ Leben, die einen Bogen schlägt von seinem Beitrag als „Barrikadentauber“ – Sänger an der Front der Interbrigaden, Sammler von Liedern der Interbrigadisten und Herausgeber von Liederbüchern in 16 Sprachen – im Spanischen Bürgerkrieg über seine Zwistigkeiten mit Ulbricht & Honecker Anfang der 50er Jahre bis hin zu dem beinah-Eklat bei seiner Trauerfeier in der Akademie der Künste 1980, von dem Reinhold Andert berichtet:

Die Geschichte dieses Liedes ist besser als das Lied selbst. Sie fing 1978/79 an, als Ernst Busch noch lebte. Da kam Erwin Burkert zu mir. Er war beim Fernsehfunk. Er war ein Fan von Busch, Brecht und Eisler. Er wollte einen Film machen über Busch und erzählte mir davon. Busch selbst war schon nicht mehr so richtig vernehmbar, er lag im Krankenhaus. Und da das Filmprojekt vom Fernsehfunk bewilligt war, kam er auf die Idee, Zeitzeugen zu befragen. Leute, die mit Busch zu tun gehabt haben, um so ein Mosaik über Ernst Busch zu erstellen. Und mich bat er, ein Lied zu dem Film zu machen. Ich sagte: „Ne, mache ich nicht, kann ich nicht. Ist doch alles bekannt. Barrikaden-Tauber, singendes Herz der Arbeiterklasse und diese ganzen Sprüche. Das weiß doch jeder. Was soll denn das bringen?“

Er bat mich, das noch einmal zu überdenken und gab mir eine Busch-Biografie. Ich blätterte das Buch durch und da entdeckte ich, dass darin ein paar Seiten fehlten – bildlich gesprochen. Ich erkundigte mich bei Erwin und anderen, wieso eigentlich. Ich erfuhr, dass Busch und Walter Ulbricht in den frühen Fünfzigern aneinander geraten waren. Er soll sein Parteidokument hingeschmissen haben und aus der Partei ausgetreten sein. Andere sagten, er wäre ausgeschlossen worden. Was zur Folge hatte, dass er keine Auftritte als Sänger mehr hatte. Er arbeitete als Schauspieler bei Brecht im Berliner Ensemble. Er hat aber kein Aufhebens von dieser Geschichte gemacht und so wusste das kaum jemand. Also ich jedenfalls erfuhr das erst zu diesem Zeitpunkt. Dadurch entstand die Idee zu diesem Lied: „von ihm lerne singen und schweigen!“

Dann hat Erwin das Lied mit mir für den Film aufgenommen, im Refrain hat er Busch dazu gemischt. Der Film lief im Januar 1980 im Fernsehen. Busch sah das im Krankenhaus zusammen mit Irene, seiner Frau. Und sagte: “Prima, dass er das nicht unter den Teppich gekehrt hat! Sag dem Andert einen schönen Gruss – er soll das an meinem Grab singen!“

Im Juni 1980 starb Ernst Busch, es gab eine große Trauerfeier in der Akademie der Künste, mit einem großartigen Programm, in dem auch ich mit meinem Lied vorgesehen war. Ich stehe dann dort hinter dem Vorhang, eine Minute vor meinem Auftritt. Da kommt Akademie-Präsident Konrad Wolf zu mir und sagt: „Hör mal, was denkst du, was für einen Ärger wir mit Deinem Scheißlied gehabt haben! Die Irene wollte es unbedingt im Programm haben. Und weil Honecker teilnehmen wollte, mussten wir das Programm beim ZK einreichen. Es wurde alles genehmigt, außer Dein Lied! Da hat Irene gesagt dann komme ich nicht! Das habe ich weitergegeben und es kam vom Büro Honecker die Antwort: Na ja, meinetwegen, soll er es singen!“

Und das erzählt mir Konni Wolf eine Minute, bevor ich rausging! Könnt Ihr Euch das vorstellen? Da saßen die dann alle in Schwarz, geklatscht wurde ja nicht bei einer Trauerfeier. Und ich fange da an, aufgeregt, die Stimme war fast weg, mühsam überstand ich die beiden Strophen und ging schweißgebadet ab.

Anschließend kam Lin Jaldati zu mir und sagte: „Reinhold, Du warst so gut wie noch nie! Man hat Dir richtig angesehen, wie Dir der Tod von Ernst Busch naheging!“

So kann man sich täuschen!

Später habe ich das Lied noch einmal gesungen, aber dann richtig, bei einer anderen Veranstaltung in der Akademie der Künste. Und da kam hinterher Egon Krenz zu mir: „Reinhold, Dein Buschlied – ganz großartig, ausgezeichnet!“ Er unterhielt sich danach mit Hartmut König vom Kulturministerium und kam anschließend noch einmal zu mir: „Du, Dein Lied ist doch nicht so der Hammer!“

Ja, wir haben damals viel Spaß gehabt…“

Wie in einem Bernstein verbindet sich dies in dem Lied der Jaramaschlacht, dem Original und der Version, die Reinhold Andert am Ende dieses würdigen Lebens zum Gedenken an Buschs‘ Kämpfe in und nach der Spanien-Zeit (um)dichtete: